Schmetterlingstraum II, geflügelte anthropomorphe Figur, Patrick Thür

Schmetterlingstraum II, geflügelte anthropomorphe Figur, Zhuangzis Schmetterlingstraum:
Einst träumte Zhuang Zhou (Zhuangzi), dass er ein Schmetterling wurde, der beschwingt umherflatterte. Er hatte Freude an sich und folgte allen seinen Regungen (wtl: „er passte zu seinen Regungen“)
Dabei wusste er nicht, dass er Zhuang Zhou war. Plötzlich wurde er wach; da war er Zhuang Zhou – ganz eindeutig nur dieser. Nun weiß man nicht, ob es Zhuang Zhou war, der geträumt hat, er sein ein Schmetterling geworden, oder ob es ein Schmetterling war, der geträumt hat, er sei Zhuang geworden. Es gibt aber gewiss zwischen Zhuang Zhou und seinem Schmetterling einen Unterschied. Dies ist damit gemeint, wenn gesagt wird: „Die Wesen unterliegen dem Wandel“.

Zhuangzi war ein bedeutender chinesischer Gelehrter und Philosoph, der im 4.-3. Jh. V. Chr. gelebt hatte und gilt neben Laotse als Wegbereiter für das daoistische Gedankengut. Wie im Daoismus die „Wandlungen“ von großer Wichtigkeit sind, so nahmen diese auch in Zhuangzis Gedankengut einen zentralen Platz ein.
Die Wandlungen vom Leben zum Tod, die körperlichen Wandlungen oder die materiellen zu immateriellen transzendentalen Seinsformen.
Unter diesem Aspekt ist auch eine seiner eindrücklichsten Schriften, dem Schmetterlingstraum, zu verstehen.
Zhuangzi beschreibt dabei einen Traum, worin er einen Schmetterling war und nach dem Aufwachen aus dem Traum sich fragt, ob nun der Traum oder der Wachzustand die wahre Realität sei?
Im Kontext der weiteren Schriften und Gedanken Zhuangzis lässt sich diese Parabel weniger als Frage lesen, auf welche er keine Antwort weiß, sondern mehr als Argument für seine Überzeugung der Wandungen der Dinge.
Genauso wie er den Tod nicht gegensätzlich zum Leben sieht, den Übergang vom Leben zum Tod als eine von Füllen von notwendigen Wandlungen betrachtet, so sieht er auch den Wachzustand und Traum als nicht gegensätzliche Realitäten. Die Wirklichkeit beschränkt sich für Zhuangzi zudem nicht nur auf den Wachzustand, sondern genauso auch auf den Traum. Den Wachzustand verstehen wir generell als die Realität, da wir darin verschiedene Prozesse und Abläufe kontrollieren können. Das Unkontrollierbare, wie zuweilen der Traumzustand es ist, beängstigt uns.
Die Ansicht von Zhuangzi bezüglich der Realität von Traum und Wachzustand ist aber nicht einmalig oder auf den asiatischen Kulturraum beschränkt. Auch die australischen Aboriginals oder verschiedene Indiostämme des Amazonas verstehen den Traum als eine ebenso reale Existenzebene wie der Wachzustand. Zuweilen bildet diese Traumwelt sogar eine bedeutendere Rolle als das Leben selbst. So ist diese bei den Cashinahua oder den Desana im Amazonas nicht nur eine weitere Wirklichkeit neben dem Wachzustand, sondern auch eine epistemologische Quelle für das Leben. Sie bewegen sich in der Traumwelt wie auch der physisch fassbaren Welt. Die Grenzen dieser beiden Realitäten scheinen bei Zhuangzi wie auch bei erwähnten Ethnien – wenn auch nicht gänzlich zu verschwinden – doch zumindest durchlässig zu sein.
Was die Traumerlebnisse bedeuten, was sie sind, da existieren auch in wissenschaftlicher Hinsicht verschiedene Meinungen. Fakt ist, dass es Träume gibt, die wir von unserem Wachzustand unterscheiden. Die Wertung, welchen der beiden Zustände eine wichtigere Stellung für den Menschen einnimmt, gibt es grundsätzlich nicht… Es sind also „scheinbare“ Grenzen, die nur darauf warten, durchbrochen oder überbrückt zu werden., Patrick Thür, Figur aus Eisenrohling durch gouging geformt, gebürstet, lackiert. Sockel aus ChrNi-Stahl, geschliffen, 630x200x1530, 33kg.